Aktienanalysen

#28: Fresenius – Sicherer Hafen? Fehlanzeige!

Während die Börse mal wieder in erster Linie von politischen Themen beherrscht wird, halte ich interessehalber Ausschau nach Werten, die sich im aktuellen Umfeld erfolgreich behaupten. Einer dieser Werte – zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung – ist zweifelsohne Fresenius.

Gleichwohl ist mir schon des Öfteren aufgefallen, dass die Fresenius-Aktie insbesondere an volatilen Tagen nicht hält, was die öffentliche Wahrnehmung verspricht.

In diesem Zusammenhang möchte ich einmal darstellen, wie die öffentliche Wahrnehmung an der Börse zu objektiven Fehlinvestitionen führen kann.

Der als „sichere Hafen“ betrachtete Wert Fresenius lag heute – nachdem Alphabet die Android-Lizenz für Huawei-Geräte erst einmal auf Eis gelegt hat – mit zum Teil mehr als 4% im Minus. Zugegeben, die Aktie handelte heute Ex-Dividende. Allerdings macht die Dividendenrendite von aktuell gerade einmal 1,5% „den Braten auch nicht fett“.

Auch bei diesem Wert sind viele „Dividendenjäger“ aufgesprungen (Achtung: bei ca. 1% Dividendenrendite), unterem anderem mit der Begründung, dass die Dividende in den vergangenen 25 Jahren stetig erhöht wurde.

Alle „Warnungen“ und „Hinweise“, dass Fresenius gerade oder nicht einmal mehr wie ein Konsumgüterkonzern wächst, stießen auf taube Ohren und wurden ausgeblendet.

Als ich Freenet und Intesa Sanpaolo als potenzielle Dividendeninvestments vorstellte, kamen Argumente wie zu „riskant“ oder „kein Wachstum“.

Die nachfolgende Abbildung stellt die Performance der Fresenius-Aktie über die letzten drei Jahre dar. Demnach hat Fresenius in den letzten drei Jahren eine Wertentwicklung von minus 23% hingelegt; eine erstaunliche Performance für einen „sicheren Hafen“.

Performance der Fresenius-Aktie in den letzten drei Jahren; Quelle: Onvista

 

Betrachten wir nun in der folgenden Abbildung die Performance von Fresenius im Vergleich zum Dax, Freenet („kein Wachstum“) und Intesa Sanpaolo („zu riskant, da italienische Bank“).

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Performancevergleich von Fresenius, Freenet, Intesa Sanpaolo und Dax; Quelle: Onvista

 

Was zunächst einmal auffällt ist, dass Fresenius in den letzten drei Jahren absolut underperformed hat und selbst der häufig als „lahme Ente“ bezeichnete Dax-Index eine Outperformance von fast 50(!)-Prozentpunkten hingelegt hat. Das hat ehrlich gesagt selbst mich überrascht.

Hinzu kommt, dass Freenet und Intesa Sanpaolo die Fresenius-Aktie um mehr als 10% outperformed haben. Zu berücksichtigen ist, dass Freenet und Intesa Sanpaolo aktuell einen Dividendenabschlag von rund 10% erlitten haben, sodass die Outperformance inklusive Dividende nochmals höher ausfällt.  Sicherlich waren auch Freenet und Intesa Sanpaolo keine Glücksgriffe und auch ich hätte mit mehr Erfahrung bessere Entscheidungen treffen können.

Bei Freenet hätte ich mir mehr vom Management erhofft. Zumal ich in meinem Freenet-Artikel auf die Überbewertungen von Drillisch und United Internet hingewiesen hatte, welche aktuell kurstechnisch ziemlich unter die Räder kommen.

Freenet hätte hier mit den richtigen Schritten sicherlich brillieren und Anlegerkapital auf sich ziehen können. Auf der letzten Hauptversammlung hatte ich hierzu einige Punkte genannt. Jedoch blieb das Management meines Erachtens viel zu passiv.

Bei Freenet wäre sogar dieses Jahr eine erneute Dividendensteigerung der bereits üppigen Dividende möglich gewesen, wenn keine €300 Mio. bei Ceconomy „versenkt“ worden wären. Der Nutzen dieser Beteiligung ist mir nach mehrmaligem Austausch immer noch nicht klar. Man stand eigentlich frei vor dem Tor und hätte den Ball nur noch über die Linie drücken müssen, stattdessen hat man ihn direkt ins Seitenaus geschlagen.

Der Intesa-Aktienkurs litt in erster Linie wegen der Wahl- und Budgetkrise in Italien, wobei dieses potenzielle Risiko bekannt war. Gleichwohl leistet das Management trotz des herausforderungsvollen Umfelds in der Bankenbranche eine sehr gute Arbeit. So konnte Intesa seinen Bilanzgewinn von €3,8 Mrd. in 2017 auf über €4 Mrd. in 2018 steigern.

Trotz des generell schwierigen und hart umkämpften Umfelds in der Banken- und Telekombranche haben Intesa Sanpaolo und Freenet keine Gewinnwarnungen bekanntgegeben. Außerdem gibt es bei diesen beiden Unternehmen eine Dividendenrendite von aktuell rund 10% (unter der Annahme, dass es keine Dividendenkürzung geben sollte).

Im Gegensatz dazu kam es bei Fresenius in 2018 gleich zweimal zu Gewinnwarnungen innerhalb weniger Wochen.

In den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen durch zahlreiche Akquisitionen das Wachstum erkauft und meines Erachtens einen beachtlichen Schuldenberg angesammelt. Doch nun stockt das Wachstum und das Management wirkt hilflos. Mit der potenziellen Akorn-Übernahme in Höhe von mehr als €4 Mrd. hatte sich das Management bereits einen potenziellen Fehlgriff geleistet, aus welchem das Unternehmen, dank US-Gerichtsbeschluss, noch glimpflich davongekommen ist (im Gegensatz zu Bayer mit dem Monsanto-Deal).

Die Lösung für das Wachstumsproblem sollen erneut Akquisition sein. Wie die Finanzierung erfolgen wird, dürfte wohl klar sein. Vermutlich durch die Aufnahme von noch mehr Schulden.

Und was macht die sogenannte „Zocker-Aktie“ Wirecard, welche zuletzt in einer renommierten Börsenzeitschrift als „größte Luftnummer im Dax“ bezeichnet wurde?

Sie glänzt trotz einer Short-Attacke und einer damit in Verbindung stehenden kurzzeitigen Halbierung des Aktienkurses mit einer Outperformance von über 20 Prozentpunkten gegenüber dem Dax (siehe folgende Abbildung).

Performance Wirecard vs. Dax in den letzten zwölf Monaten; Quelle: Onvista
Performance Wirecard vs. Dax in den letzten zwölf Monaten; Quelle: Onvista

 

Wie Warren Buffett des Öfteren hervorhebt, ein noch so tolles Unternehmen zu einem falschen Preis kann ein schlechtes Investment sein.

Mit diesem Artikel möchte ich keine Wertung über das Unternehmen Fresenius abgeben. Es geht mir vielmehr darum darzustellen, dass sich die „öffentliche Wahrnehmung“ nicht immer mit der Realität deckt.

Wie an diesem Beispiel (und auch an Bayer) zu erkennen ist, war Fresenius (auch unter Einbeziehung der Benchmark) innerhalb der letzten drei Jahre (insbesondere für Neueinsteiger) ein „totes Investment“ ohne Shareholder Value in Form von Kursgewinnen oder einer ansehnlichen Dividendenrendite. Sie war wohl eher für kurzfristig orientierte „Trader“ interessant.

Fresenius  könnte gegebenenfalls irgendwann interessant sein für mich sein. Aktuell habe ich allerdings keine Absichten die Aktien zu kaufen, trotz des mittlerweile massiven Kursverlustes. Ein Blick von zehn Sekunden auf die Kennzahlen lässt mich einen großen Bogen um die Aktie machen.

Eine weitere Aktie, die zuletzt vor allem von Dividendenfanatikern sehr gehypt wurde, ist der Mischkonzern 3M. JP Morgan-Analyst Stephen Tusa – der bereits bei GE einen goldenen Riecher hatte, als zahlreiche Dividendenjäger ein Schnäppchen gemacht zu haben schienen – sieht bei 3M die Dividende und die Erträge in Gefahr.

In diesem Zusammenhang kommt mir neben General Electric auch Kraft-Heinz in den Sinn, was zuletzt auch herbe Kursverluste erleiden musste, wobei ein direkter Vergleich meines Erachtens nicht sinnvoll wäre.

Wenn Stephen Tusa bei 3M auch richtig liegt, hätte die Aktie sicherlich noch einiges an Abwärtspotenzial aufzuweisen, trotz der letzten Kursverluste aufgrund der Senkung der Gewinnprognosen. Ich habe aktuell keine 3M-Aktien und habe auch nicht vor, sie zu kaufen.

PS: Ich habe nichts gegen „Dividendenjäger“ und bin selbst auf der Suche nach soliden Dividendenaktien. Allerdings müssen diese ein angemessenes Chancen-Risiko-Verhältnis bieten.

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Ich wünsche dir weiterhin viel Erfolg bei deinen Investments!

Dynamische Grüße,
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Güner Soysal, 20.05.2019
Founder & CEO, Investment Analyst (M.A.)

 

Quellen & Links

 

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Offenlegung von Interessenskonflikten: Der Autor hält zum Zeitpunkt der Veröffentlichung direkt oder mittelbar Positionen in den erwähnten Wertpapieren: WirecardDer Autor beabsichtigt nicht innerhalb von 36 Stunden nach Veröffentlichung direkt oder mittelbar Transaktionen in den erwähnten Wertpapieren zu tätigen.

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