Aktienanalysen

#1: Intesa Sanpaolo – meine „Bella“ unter den europäischen Bankaktien

Im Rahmen dieses Blogeintrags möchte ich euch mein neuestes Objekt der Begierde vorstellen, was ich aktuell zum Preis von 2,58€ gekauft habe.

Ich war wieder mal auf der Suche nach einer zyklischen Anlage und vorzugsweise einer Bank aus der Eurozone. Die Suche gestaltete sich aber gar nicht einfach, wenn man berücksichtigt, dass die Bankbranche ziemlich in Ungnade gefallen ist und fast täglich weitere Strafzahlungen (z. B. Deutsche Bank) oder Manipulationsvorwürfe ans Tageslicht kommen (was ja auch leider für die Autobranche zutrifft) und die meisten Banken noch mit Umstrukturierungen oder der Bereinigung ihrer Portfolios beschäftigt sind. Darüber hinaus hatten einige Banken in den letzten Wochen und Monaten durch die Trump-Rally und den positiven Ausgang der Parlamentswahlen in Frankreich bereits starke Kurszuwächse.

Vor diesem Hintergrund habe ich mich nach umfangreichen Recherchen für Intesa Sanpaolo entschieden. Jetzt werdet ihr euch vielleicht denken: Eine Bank? Und auch noch eine italienische? Ist der Typ denn komplett verrückt geworden? Oder hat ihn die Gier gepackt? Ich würde mal sagen, ein Stück von beidem. Denn, wenn ihr das denkt, genau dann habe ich wohl eine gar nicht so falsche Entscheidung getroffen. Wie sagte Franklin Templeton einmal:

„Bullenmärkte werden im Pessimismus geboren, wachsen durch Zweifel, reifen im Optimismus und sterben in der Euphorie.“
– Franklin Templeton

Die Begründungen werden euch ggf. auch etwas wundern. Wie wir alle wissen, ist Italien der „Bad Boy“ der Eurozone (gemeinsam mit Griechenland), da sie mit ihrer vergleichsweise hohen Verschuldung und hinterher hinkenden Wirtschaft zu kämpfen haben. Gleichwohl bin ich ein großer Bewunderer der italienischen Kaufmanns- und Bankierskunst (s. Medicis) sowie der Modebranche. Nun zu meinen Kaufgründen:

1. Italien: Obwohl Italien eine vergleichsweise hohe Verschuldung aufweist, stellt sie die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone dar und hat weltweit die drittgrößten Goldreserven. Es muss schon sehr viel passieren, damit ein Staat wie Italien pleite geht und zahlungsunfähig wird. Am Markt herrscht hier meines Erachtens ein übertriebener Pessimismus.

2. Die Wirtschaft in Italien wächst und ist kürzlich sogar zur Überraschung vieler Experten überraschend stark gewachsen (hier)

3. Geschäftsmodell: Intesa ist die größte Bank Italiens mit führenden Positionen in Europa und global tätig. Intesa betreibt primär das konventionelle Bankgeschäft und dieses überwiegend in Italien, Osteuropa und Nordafrika. Wobei Italien und Osteuropa überwiegen (nachzulesen im Geschäftsbericht). Ich finde, dass das klassische Bankgeschäft weniger margen- und konjunkturanfällig ist als das Investmentbanking, was die großen und bekannten Banken ausüben. Unter der Berücksichtigung von P2P-Anbietern (Twino, Mintos etc.) und der Anleger, die nur von ihren Rendite schwärmen, kann man sich sicher vorstellen, was für ein profitables Geschäft in Osteuropa liegt – vor allem wenn man so eine starke Marktposition und Wettbewerbskraft wie Intesa hat. Für die Diversifizierung neben den großen Investmentbanken ist sie meines Erachtens eine der besten Investments in der Eurozone.

4. Finanzkraft: die Bank hat in den letzten drei Jahren immer Gewinne gemacht und ihre Kosten gesenkt, die Dividende wurde dabei aus den Gewinnen finanziert. Das KGV beträgt 13 und das KBV 0,9 (Quelle: Morningstar.com). Die EK-Quote beträgt knapp 20%, was im Bankenvergleich extrem gut ist (Deutsche Bank 5%, ich meine nach der Kapitalerhöhung knapp 12%, Commerzbank 6%, Ing Groep 7%), Dass die Finanzkraft gut ist, ist auch daran zu erkennen, dass es Spekulationen gab, dass Intesa eine der größten italienischen Versicherungen Generali kaufen wollte. Um die Übernahme abzuwehren, musste Generali sogar 3% der Intesa-Aktien aufkaufen (eine italienische Regularie).

5. Dividendenrendite: Die Dividendenrendite von Intesa beträgt 7,36% bei einem Kurs von 2,58€ und einer aktuellen Dividende von 0,19€. Laut Prognosen wird die Dividende nächstes Jahr 0,20€ betragen. Das klingt wenig, aber die Erhöhung um 0,01€ beträgt eine Dividendenerhöhung von über 5%. Selbst wenn die italienische Quellensteuer von 26% komplett abgeschrieben wird, ergibt sich immer noch eine Dividendenrendite von 5,45%.

6. Dividendenkontinuität: abgesehen vom Jahr 2008, bezahlte Intesa in den vergangenen 17 Jahren stetig eine Dividende, in den letzten drei Jahren hat sich die Dividende fast verdreifacht.

7. Kursentwicklung: der Kurs liegt aktuell 40% unter dem 5-Jahreshoch von 3,60€. Analysten gehen davon aus, dass der Kurs gut steigen wird. Dies dürfte aufgrund der positiven Wirtschaftswachstumserwartungen und den potenziell steigenden Zinsen nicht wundern. Die Kurserwartungen gehen von 2,80€ (+8%; hier) bis 3,20€ (+23%; hier) aus.

8. EZB und die Zinssituation: Wie wir wissen, strauchelt die Bankbranche in Europa im Allgemeinen und in Italien ganz besonders, aber Europa holt aktuell auf und vor allem die Bankwerte werden sich meines Erachtens mit dem Ausstieg des Anleihenkaufprogramms der EZB und den Zinserhöhungen stark erholen. Man muss sich nur mal vorstellen, dass eine Erhöhung von 0,25 Basispunkten bei einem Zinssatz von 1% eine Erhöhung von sage und schreibe 25% darstellen, was die Bankmargen explodieren lassen kann. Darüber hinaus wird durch den Ausstieg der EZB aus dem Anleihenkaufprogramm die Zinsstrukturkurve nochmals steiler, was wiederum mehr Einnahmen für die Banken in der Eurozone bedeutet.

Nachdem ich bei Sto (+13%) und Berentzen (+30%) den Einstieg in den letzten Wochen „verpasst“ habe, aber auch gesehen habe, dass mein Gespür gar nicht so schlecht ist, habe ich bei Hugo Boss und Intesa Sanpaolo zugeschlagen.

Dynamische Grüße,

Güner Soysal, 05.06.2017
Founder & CEO, Investment Analyst (M.A.)

Investor update 14.06.2017: Börse Online hat meine Intesa Sanpaolo-Analyse als Leserinvestment platziert. Ich habe mich sehr darüber gefreut, bin gerade mega motiviert und möchte mich auch an dieser Stelle ganz herzlich bei der Börse Online-Redation bedanken. Den entsprechenden Ausschnitt habe ich als Datei angehängt: Intesa Sanpaolo, Börse Online Ausg. Nr. 24 vom 14.06. – 21.06.2017

Investor update 11.01.2018: nach über zwei Jahren liegt der Schlusskurs heute bei über drei Euro – bei EUR 3,003, um exakt zu sein. Tendenz steigend. Auf diesem Niveau lag die Aktie zuletzt am 05.01.2016. „Bella“ hat mich nicht enttäuscht. 

Sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr für Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Genauigkeit. Die Kolumne dient nur der Information und stellt keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf der erwähnten Wertpapiere dar. Der Autor haftet nicht für materielle und/oder immaterielle Schäden, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Inhalte oder durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Inhalte verursacht wurden.

Offenlegung von Interessenskonflikten: Der Autor hält zum Zeitpunkt der Veröffentlichung direkt oder mittelbar Positionen in den erwähnten Wertpapieren: Intesa Sanpaolo. Der Autor beabsichtigt, innerhalb von 36 Stunden nach Veröffentlichung direkt oder mittelbar Transaktionen in den erwähnten Wertpapieren zu tätigen.

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