Marktanalysen

Marktanalyse vom 13.04.2018: Animal Spirits – was der Quartalsbericht von Blackrock über die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten verrät

In meiner letzten Marktanalyse vom 10.04.2018 bin ich auf das Thema „Schwarze Schwäne – worauf die Anleger achten sollten“ eingegangen und habe dabei unter anderem die Beziehungen zu Russland als potenziellen Risikofaktor dargestellt. Zu meiner Überraschung kam es direkt am darauffolgenden Tag zu Turbulenzen am Markt, als Trump via Twitter Raketenschüsse auf Syrien ankündigte und Russland provozierte. Die Börsen reagierten nervös, beendeten den Handelstag aber nur mit geringen Verlusten.

Heute möchte ich das Thema der schwarzen Schwäne von einer anderen Seite durchleuchten. Wie bereits ein weiser Börsianer zutreffend ausdrückte:

„Investiere bei einem Goldrausch nicht in die Goldgräber,
sondern in Schaufeln.“

– A. Kostolany

Je länger der Bullenmarkt andauert und je weniger Rendite alternative Anlagemöglichkeiten bieten, umso mehr Anleger zieht er an die Börsen. Dabei erfreuen sich mittlerweile ETFs einer zunehmenden Beliebtheit. Blackrock, als der weltgrößte Vermögensverwalter und Anbieter von ETFs, profitiert in besonderem Maße von diesem Goldrausch. Getreu Altmeister Kostolany’s Worte investierte ich also bereits vor längerer Zeit unter dieser Annahme in Blackrock-Aktien. Woran kann man nun das Ende eines Goldrausches erkennen? Richtig, an der schwindenden Nachfrage nach Schaufeln!

Vor dem Hintergrund, dass es sich bei Blackrock um den weltgrößten Vermögensverwalter handelt, kann das von Blackrock verwaltete Vermögen Aufschluss darüber geben, wie Investoren aktuell gegenüber den Kapitalmärkten eingestellt sind. Als gestern der Quartalsbericht kam, der zugleich den Beginn der US-Berichtssaison einläutete, machte ich mich gleich an die Arbeit und las ihn mir voller Neugier durch. In besonderem Maße interessierten mich jedoch die „assets under management“, also das von Blackrock verwaltete Vermögen, sowie die Mittelzu- und -abflüsse.

Was verrät uns der Quartalsbericht von Blackrock?

Neben der Tatsache, dass Blackrock die Erwartungen übertroffen hatte und dadurch vor allem dem Finanzsektor im gestrigen Handel starken Auftrieb verlieh, machte das Unternehmen 32% seines Umsatzes mit ETFs, was einem Anstieg von 25% im Vergleich zum Vorjahresquartal entspricht. Eine erstaunliche Quote, wenn man bedenkt, dass die Gebühren für einen ETF in der Regel einem Bruchteil der Gebühren für einen aktiv gemanagten Fonds entsprechen.

Im Zusammenhang mit den Mittelzu- und -abflüssen ist zu erwähnen, dass Blackrock rund USD 55 Milliarden an neuen Mitteln für aktiv gemanagte Fonds und ETFs zugeflossen sind, was schon mal ein positives Zeichen ist. Der Großteil dieser Mittel floss mit 66% in ETFs. Gleichwohl hat sich der Mittelzufluss im Vergleich zum vergangenen, sehr gut gelaufenen Börsenjahr abgeschwächt. Die nachfolgende Abbildung stellt die Mittelzuflüsse zwischen dem ersten Quartal 2016 und dem ersten Quartal 2018 dar.

Nettomittelzuflüsse in aktiv gemanagte Fonds und ETFs, Stand: 1Q 2018, Quelle: Blackrock

 

Die Assets under Management sind im Vergleich zum Vorjahresquartal, das heißt zum ersten Quartal 2017, von USD 5,4 Billionen auf USD 6,3 Billionen gestiegen. Dies entspricht einem Wachstum von rund 17%. Gleichwohl ist auch hier eine Abschwächung festzustellen. Im Vergleich zum vierten Quartal 2017 ist das verwaltete Vermögen nur noch um 0,46% gestiegen (siehe folgende Abbildung).

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Assets under Management, 1Q 2018, Quelle: Blackrock

 

Der CEO von Blackrock, Larry Fink, führte diese Entwicklung auf zwei Faktoren zurück. Zum einen habe der Anstieg der Volatilität aufgrund der Angst vor einem Handelskrieg, den zunehmenden Zins- und Inflationsängsten sowie der Schlagzeilen rund um die Tech-Unternehmen insbesondere institutionelle Investoren dazu gebracht, ihr Kapital abzuziehen und umzuschichten. Zum anderen habe die Steuerreform Unternehmen dazu bewogen, Profite mitzunehmen, mit der Absicht, diese Mittel für Investitionen und noch größere Aktienrückkäufe nutzen zu können. All diese Faktoren hätten dazu geführt, dass insbesondere Mittel aus Multi-Asset-Strategien (Aktien und Anleihen) und Fixed-Income-Strategien (Anleihen) Kapital abgezogen wurde.

Auf der einen Seite lässt die Tatsache, dass primär aus Multi-Asset- und Fixed-Income Strategien Mittel abgeflossen sind, darauf schließen, dass diese Mittel überwiegend aus dem Anleihemarkt stammen.

Auf der anderen Seite folgt aus dieser Betrachtung, dass momentan Kapital an der Seitenlinie liegt, was darauf wartet, in den Aktienmarkt, insbesondere in Aktienrückkäufe, zu fließen. Laut einer Prognose von J. P. Morgan sollen in diesem Jahr USD 800 Milliarden in Aktienrückkäufe fließen. Dies stellt einen neuen Rekordwert dar. Die folgende Abbildung stellt die größten, bereits verkündeten Aktienrückkaufprogramme von US-Unternehmen für 2018 dar.

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Bereits verkündete Aktienrückkaufprogramme von US-Unternehmen für 2018, Stand: 20.02.2018, Quelle: Investopedia

 

Wie geht es an den Aktienmärkten weiter? 

„Die Rothschilds können eine Hausse hervorrufen,
aber eine Baisse nicht verhindern.“

– A. Kostolany

Neben der Entspannung des Handelskonflikts zwischen den USA und China, sollten die voraussichtlich erfreulich ausfallenden Quartalsergebnisse sowie die rekordhohen Aktienrückkäufe als Katalysatoren wirken, um die Animal Spirits der Anleger zu entfesseln und stärkere Kursanstiege nach sich zu ziehen. Ferner gehe ich davon aus, dass insbesondere Unternehmen mit hohen Aktienrückkaufprogrammen und vergleichsweise günstigen Bewertungen eine Outperformance erzielen werden.

Gleichwohl ist zu berücksichtigen, dass auf dieser Basis ziemlich alle positiven Erwartungen des Marktes eingepreist sein sollten, sodass die Wahrscheinlichkeit von Enttäuschungen zunimmt und ein kleiner Nadelstich ausreichen kann, um den Ballon zum Platzen zu bringen und eine stärkere Korrektur auszulösen.

Hinzu kommt die Kombination von potenziell steigenden Zinsen und der Rückgang der Liquiditätszufuhr in die Kapitalmärkte seitens der Zentralbanken. Während die FED bereits vor längerer Zeit mit dem Abbau ihrer Bilanz begonnen hat, hat die EZB ihr Anleihekaufprogramm im Januar von EUR 60 Milliarden auf EUR 30 Milliarden pro Monat zurückgefahren. Die Bilanzverkürzung der Federal Reserve und die Reduktion des EZB-Anleihekaufprogramms werden aller Voraussicht nach ab Oktober 2018 weiter an Fahrt aufnehmen.

Wie gehe ich nun vor? 

„Sei gierig, wenn andere ängstlich sind,
und ängstlich, wenn andere gierig sind“

– W. Buffett

Unter der Berücksichtigung der oben genannten Faktoren gewinnt Value Investing eine besondere Bedeutung. Bullenmärkte und (nicht ewig anhaltende) niedrige Zinsen können die Bewertungsgrundlagen von Aktien verzerren. Beispielsweise beschreibt Benjamin Graham in seinen Ausführungen, dass vor dem Bullenmarkt von 1927 bis 1929 die zehnfachen Erträge als allgemein akzeptierter Messstandard galten. Ab 1929 wurde dieser Messstandard durch eine Reihe neuer Maßstäbe ersetzt, sodass vermeintlich gute Aktien auf einmal ein KGV von 15, 25 oder 40 haben konnten.

Unter der Berücksichtigung von potenziell steigenden Zinsen und der abnehmenden Liquiditätszufuhr seitens der Zentralbanken, sollten Anleger Investments in Aktien mit hohen KGVs, geringem Wachstum und Bilanzrisiken mit Vorsicht genießen. Die zu erwartende Rendite eines Investments lässt sich am Kehrwert des KGV berechnen. Beispielsweise würde die Gewinnrendite bei einem KGV von 20 bei fünf Prozent liegen (1/20 = 0,05). Vor dem Hintergrund, dass 10-jährige US-Staatsanleihen bereits knapp drei Prozent Rendite abwerfen, sollten Anleger insbesondere bei wachstumsschwachen Unternehmen mit einem KGV von über 20 Vorsicht walten lassen.

Als letztes Jahr die Börsianer auf eine Jahresendrally gewartet haben, wurden sie enttäuscht. Überraschenderweise kam im Januar ein steiler Anstieg, unmittelbar gefolgt von einer Korrektur, sodass sie auf dem falschen Fuß erwischt wurden. Die Korrektur in der sonst üblichen starken Börsenphase könnte ein Vorbote für eine erneute Überraschung im Laufe des Jahres, insbesondere ab der zweiten Jahreshälfte, sein. Ich könnte mir vorstellen, dass die letzte Korrektur in Verbindung mit den Aktienrückkäufen die Kursanstiege über die traditionell starken Börsenmonate hinaus verlängern wird, um dann gegen Ende des Jahres eine stärkere Korrektur auszulösen.

Auch wenn ich gegenwärtig noch bullish eingestellt bin, habe ich mir vor dem Hintergrund der oben aufgeführten Einflussfaktoren vorgenommen, meine spekulativen Investments im Zuge der nächsten Kursrally zu reduzieren und meinen Cash-Anteil zu erhöhen.

Dynamische Grüße,
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Güner Soysal, 13.04.2018
Founder & CEO, Investment Analyst (M.A.)

Quellen & Links

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