Aktienanalysen

#7: Freenet – warum die Cash Cow jetzt noch praller wird

1. Ausgangssituation

Eigentlich wollte ich ein kurzes Update zu meiner bisherigen Freenet Analyse (hier geht es zu meiner ausführlichen Freneet-Analyse) und Freenet’s vorläufigem Ergebnis zum Geschäftsjahr 2017 erstellen. Was ich allerdings in der Management Präsentation für die Analystenkonferenz gelesen habe, hat mich dann doch so sehr begeistert, dass ich mich entschieden habe, einen neuen Beitrag zu erstellen. Ich werde nur kurz auf die Zahlen eingehen und anschließend auf die Zukunftsaussichten, die mich an dieser Stelle so sehr begeistert haben und welche neuen Erkenntnisse ich gewonnen habe.

Am Mittwoch, den 01.03.2018, hat Freenet sein vorläufiges Ergebnis zum Geschäftsjahr 2017 veröffentlicht. An der zum einen aufgrund von Zinsängsten und zum anderen potenziell durch die USA zu verhängenden Importzöllen ohnehin schon turbulenten Börse ging es für die Freenet-Aktie nach der Veröffentlichung der Zahlen – trotz eines Rekordergebnisses – um rund 6% runter. Doch was war passiert?

Hierzu beigetragen hat sicherlich auch das Sell-Rating von Goldman Sachs. Goldman Sachs startete das Coverage der Freenet-Aktie am 08.02.2018 und warf ein Sell-Rating mit Kursziel EUR 23 raus (hier). Die Aktie sackte an dem Tag um 2,5% ab. Direkt nach den Quartalszahlen kam das Folgerating, erneut mit Sell und Kursziel EUR 21 (hier). Die Aktie sackte am Tag der Veröffentlichung also um weitere 6% ab.

Zum einen bestätigt die Kursreaktion das Gewicht von Goldman Sachs an der Börse. Das ist an der folgenden Grafik sehr schön zu erkennen. Während sich Freenet (blaue Linie) dieses Jahr weitestgehend parallel zum TecDax, Dax und sehr stabil im Vergleich zur Peer-Group (Dax Sector Telecom. Kursindex) entwickelt hat, knickte die Aktie nach dem Erst- und Folgerating von Goldman Sachs nach dem 8. Februar 2018 stark ab:

Freenet Kursentwicklung 2018 nach Geschäftszahlen, Quelle: www.onvista.de

 

Zum anderen fällt auf, dass zwei weitere deutsche Unternehmen, aus zwei ganz unterschiedlichen Branchen – ElringKlinger (hier) aus dem Automobilsektor und Zalando (hier) aus dem E-Commerce-Bereich – ebenfalls am selben Tag berichtet haben und mit Abschlägen von über 6% gehandelt wurden, obwohl auch sie ihre Ergebnisse gesteigert haben (siehe folgende Abbildung):

Kursrückgänge am 01.03.2018 nach Veröffentlich der Zahlen zum Geschäftsjahr 2017; Quelle: www.comdirect.de

 

Es war also kein Phänomen, was ausschließlich Freenet betraf. Der Markt schien am Freitag besonders nervös gewesen zu sein.

Richten wir im Folgenden unseren Blick – wie Altmeister Warren Buffett zu sagen pflegt – von der Anzeigetafel auf das Spielfeld und schauen uns erst einmal ganz nüchtern die Zahlen zum Geschäftsjahr 2017 von Freenet an. Hierbei werde ich nur kurz auf die meines Erachtens wichtigsten Kennzahlen eingehen.

2. Freenet’s Zahlen zum Geschäftsjahr 2017

Freenet erzielte mit einem um 4,3% auf EUR 3,507 Mrd. gestiegen Umsatz einen Umsatzrekord (Vorjahr: EUR 3,362 Mrd.) und übertraf die Analystenprognosen von EUR 3,503 Mrd. (hier). Zum einen ist dies auf den Umsatzanstieg im Segment Mobilfunk von 2,3% auf EUR 3,199 Mrd. zurückzuführen (Vorjahr: EUR 3,136 Mrd.; über Analystenprognosen EUR 3,196 Mrd.). In absoluten Zahlen entspricht dies im Mobilfunkgeschäft einem Umsatzwachstum von EUR 63 Mio., wovon EUR 27,1 Mio. dem Digital Lifestyle Bereich anzurechnen sind (hier). Im Digital Lifestyle Bereich erzielte Freenet einen Umsatz von EUR 164,2 Mio. (Vorjahr: EUR 137,1 Mio.), was einem Anstieg von 20% entspricht (Vorjahr: 30%; hier).

Die positive Umsatzentwicklung basierte ferner auf der Erhöhung des werthaltigen Customer-Ownerships im Postpaid- sowie No-Frills-Bereich auf 9,59 Millionen Kunden zum Jahresende 2017 – ein Plus von insgesamt rund 60.000 Kunden (Vorjahr: 9,53 Millionen Kunden). Hierbei stieg im Vergleich zum Vorjahr (6,51 Millionen) die Anzahl der werthaltigen Postpaid-Kunden um 198.000 bzw. 3% auf 6,71 Millionen Kunden. Der monatliche Durchschnittsumsatz pro Vertragskunde (Postpaid-ARPU) mit EUR 21,4 blieb Vorjahresvergleich konstant. Der No-Frills-ARPU stieg von EUR 2,4 im Vorjahr auf EUR 2,8 in 2017. Gleichwohl ist zu erwähnen, dass die Zahl der No-Frills-Kunden (Discount-Marken) von 3,02 Mio. auf 2,88 Mio. gesunken ist, was einem Rückgang von 4,6% entspricht. Der Rückgang bei den No-Frills konnte somit durch einen Zugang bei Postpaid und gestiegenem ARPU kompensiert werden (hier).

Zum anderen ist der Umsatz im Segment TV und Medien um 34,7% gestiegen und betrug im abgelaufenen Geschäftsjahr EUR 294,8 Mio. (Vorjahr: EUR 218,9 Mio.). Per Ende Dezember 2017 betrug die Anzahl der Freenet TV Abo-Kunden rund 975.000 und übertraf sowohl die ursprünglich zum Jahresende geplante Zielgröße von 800.000 als auch den nachträglich angepassten Zielwert von 950.000 Abo-Kunden. Beim IPTV-Produkt waipu.tv wurde die erwartete Anzahl der Abo-Kunden (über 100.000) mit rund 102.000 ebenfalls erreicht. Mit 464.000 registrierten Kunden (exklusive 76.000 vorregistrierten Kunden) wurde zudem der avisierte Wert von 500.000 Kunden annähernd erreicht (hier).

Das EBITDA wuchs bedingt durch den Einmaleffekt aus dem sogenannten „Sunrise Tower Deal“ um EUR 102,4 Mio. auf EUR 541,2 Mio. (Analystenprognose: EUR 537,9 Mio.) und lag somit weit über dem Vorjahresniveau von EUR 438,8 Mio. Das EBITDA exklusive Sunrise betrug EUR 408,0 Mio. (Analystenprognose: EUR 413 Mio.), was einen Anstieg um EUR 5,7 Mio. bzw. 1,4% im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Einen wesentlichen Beitrag hierzu leistete der um 5,7% auf EUR 949,8 Mio. gestiegene Rohertrag (Vorjahr: EUR 898,7 Mio.). Einen wesentlichen Anteil an dieser Entwicklung hatte das Segment TV und Medien. Im Vergleich zum Vorjahr konnte der Segment-Rohertrag um 50,1% auf EUR 166,4 Mio. (Vorjahr: EUR 110,8 Mio.) gesteigert werden (hier).

Das Konzernergebnis stieg im Berichtsjahr im Vergleich zum Vorjahr um 27,3% auf EUR 275,6 Mio. (Vorjahr: 216,4 Millionen Euro; Analystenprognose: EUR 308,5 Mio.). Das Konzernergebnis profitierte dabei stark von dem einmaligen Effekt aus dem „Sunrise Tower Deal“. Mit 2,24 Euro ist das Ergebnis pro Aktie ebenfalls höher als im Vorjahr mit EUR 1,78 pro Aktie (hier). Das KGV liegt somit – inklusive des Sondereffekts – bei 8,15 basierend auf dem Xetra-Schlusskurs von EUR 27,50 am 02.03.2018. In welchem Maße das Konzernergebnis durch den Sondereffekte beeinflusst wurde, wird sich erst nach Veröffentlichung des Geschäftsberichts ermitteln lassen.

Der Free Cashflow ist nur leicht auf EUR 342,8 Mio. gestiegen (Vorjahr: 341,5 Millionen Euro; Analystenprognose: EUR 348,1). Unter der Herausrechnung der von Sunrise erhaltenen Dividendenzahlung in Höhe von EUR 34,4 Millionen wird der vom Management prognostizierte Wert von etwa EUR 310,0 Mio. erreicht (hier). Gleichwohl wird es interessant sein, im Rahmen der Veröffentlichung des Geschäftsberichts zu erfahren, warum der Free Cashflow nur sehr leicht gestiegen ist.

Die Dividende wurde um 3% auf EUR 1,65 erhöht (Vorjahr: EUR 1,60). Die Ausschüttungsquote entspricht 61,6% des Free Cashflow und 71% des Gewinns im Geschäftsjahr 2017 (hier). Die Dividendenrendite beträgt somit 6,4% auf den aktuellen Xetra-Schlusskurs von EUR 25,70.

Die Nettofinanzschulden verringerten sich von EUR 725,8 Mio. per Ende Dezember 2016 um 29,7% auf EUR 510 Mio. zum Ende des Geschäftsjahres 2017. Dementsprechend sank der Verschuldungsgrad auf 0,9 (Vorjahr: 1,7), wodurch die Zielspanne (1,0-2,5) im positiven Sinne leicht unterschritten wurde (hier).

An den Zahlen ist ersichtlich, dass sich Freenet bei den Geschäftsergebnissen verbessert und die Zielsetzungen des Managements erreicht hat. Während der Umsatz und das Ebitda über den Analystenprognosen lagen, haben das EBITDA exklusive Sunrise und der Free Cashflow minimal schlechter als die Analystenprognosen (ca. -1%) abgeschnitten. Die größte Abweichung zwischen dem tatsächlichen Ergebnis und der Analystenprognosen gab es beim Konzernergebnis. Auch wenn Freenet sein Konzernergebnis im Vergleich zum Vorjahr verbessern konnte (inklusive Sondereffekte), liegt hier die Abweichung bei ca. 10% unter den durchschnittlichen Analystenprognosen. Diese Tatsache in Verbindung mit dem allgemeinen Verkaufsdruck führte wohl zu dem heftigen Kursrückgang von mehr als 6%.

Da aber an der Börse die Zukunft gehandelt wird, schauen wir uns nun den Ausblick und die neuesten Erkenntnisse bezüglich der Zukunftsaussichten von Freenet an.

3. Freenet’s Ausblick – Firing on all cylinders

Freenet TV Sat 

Ganz unauffällig hat Freenet über seine Beteiligung Media Broadcast ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert, was scheinbar bisher niemand auf dem Schirm hatte. Zumindest habe ich überhaupt nichts davon gelesen oder gehört. Auch in der Pressemitteilung vom 1. März 2018 war davon nicht die Rede. Aber ich finde die Idee genial!

Der Empfang von Freenet TV war bislang ausschließlich über Antenne möglich, also Nutzern von DVB-T2 HD vorbehalten. Laut der Management Präsentation für die Analystenkonferenz vom 1. März 2018 wird es bald zusätzlich ein Satelliten-TV Angebot von Freenet geben (hier). Wie der Plattformbetreiber Media Broadcast am 22.02.2018 bekanntgab, sollen ab Ende März 2018 zusätzlich alle Satelliten-Nutzer Zugang zu Freenet TV haben (hier). Wie genau das kommende Freenet TV Sat aussehen soll, hat Media Broadcast noch nicht verraten. Jedoch soll das Senderportfolio ähnlich wie bei DVB-T2 HD ausfallen und auch der Preis bleibt bei EUR 5,75 pro Monat bzw. EUR 69 pro Jahr. Nutzer von Sat-TV können damit also zukünftig private HD Sender entschlüsseln und somit mehr TV-Kanäle in HD-Qualität empfangen (hier).

Das heißt, dass Freenet nun nach DVBT-2 HD und IPTV auch im Satelliten-Geschäft tätig ist. Wer meine umfassende Freenet-Analyse gelesen hat, der weiß, was für ein Potenzial in der Satellitenübertragung steckt. Die Satellitenschüssel ist mit einem Marktanteil von 46,5% der TV-Haushalte bzw. 17,7 Mio. TV-Haushalten der wichtigste TV-Übertragungsweg in Deutschland. Hinzu kommt, dass – analog zum Kabelfernsehen und der Digitalterrestrik – ab spätestens 2022 der Satellitenempfang ebenfalls kostenpflichtig werden soll. Somit positioniert sich Freenet in einem „Zukunftsmarkt“ und sichert sich auf diese Weise frühzeitig Marktanteile (hier geht es zu meiner umfassenden Analyse).

Freenet TV Sat Bekanntmachung, Quelle: Freenet Group Investor Relations

 

Angenommen Freenet würde im Worst-Case-Szanario im Satelliten-Geschäft am Ende analog zum Mobilfunkgeschäft einen Marktanteil von rund 12% haben, dann würde Freenet insgesamt 2,124 Mio. TV-Haushalte bedienen. Bei einem Monatspreis von EUR 5,75 ergibt sich ein jährlicher Umsatz in Höhe von rund EUR 150 Mio. Basierend auf dem vorläufigen Umsatz von 2017 wäre das ein Umsatzwachstum von mehr als 4%. Ich denke, dass das Potenzial viel höher ist, da Freenet bereits frühzeitig anfängt den Markt zu bedienen ohne große Konkurrenz zu haben. Aufgrund der günstigen Konditionen und der Vertriebsstärke könnte ich mir sogar einen Marktanteil von mindestens 20% vorstellen. Das würde einen Jahresumsatz von rund EUR 250 Mio. bedeuten.

Nach meinen Recherchen bieten aktuell lediglich die Deutsche Telekom und HD+ ein kostenpflichtiges Sat-TV-Angebot für die öffentlich-rechtlichen und privaten TV-Sender an, sodass der tatsächliche Marktanteil am Ende noch höher ausfallen kann. Außerdem gibt es auch hier die Möglichkeit Preiserhöhungen durchzuführen. Ich nehme an, dass kein Kunde in Erwägung ziehen würde, sein Sat-TV zu kündigen, wenn Freenet die Monatsgebühr beispielsweise um EUR 1,00 erhöht. Diese minimale Erhöhung alleine würde für Freenet bei einem Sat-TV-Kundenstamm von rund 2 Mio. TV-Haushalten einen zusätzlichen Jahresumsatz von mehr als EUR 24 Mio. generieren.

Genial finde ich auch die Tatsache, dass Freenet keinen eigenen Content produziert und somit keine Produktionskosten hierfür entfallen. Freenet bietet lediglich die Plattform für die TV-Sender, die den Content erstellen, sodass sich das Investitionsrisiko im TV-Geschäft gering hält.

Das Entscheidende aber ist, dass durch das Satellitengeschäft zusätzliche nachhaltige Mittelzuflüsse generiert werden, was wiederum den Cashflow erhöht. Und da Freenet sich verpflichtet hat 50-75% seines Free Cashflow auszuschütten, führt das zu einer nachhaltigen, diversifizierten und steigenden Dividende für die Aktionäre.

An dieser Stelle könnte ich mir auch vorstellen, dass Freenet ein Übernahmekandidat für Vodafone werden könnte, wenn Vodafone seine Marktanteile auf dem deutschen Markt ausbauen und weiterhin konkurrenzfähig bleiben möchte. Warum ausgerechnet Vodafone? Vodafone ist noch nicht im Satelliten-Geschäft tätig und würde durch eine Übernahme von Freenet den Anschluss zur Deutschen Telekom nicht verlieren. Mit einer Marktkapitalisierung von EUR 3,29 Mrd. wäre Freenet ein leichtes Häppchen für Vodafone (Marktkapitalisierung: EUR 59 Mrd.) Unter Umständen würde auch Telefonica Deutschland (O2) infrage kommen. Das Unternehmen scheint allerdings noch immer mit der Konsolidierung der E-Plus-Übernahme beschäftigt zu sein, sodass diese Wahrscheinlichkeit eher gering ist.

Freenet TV (DVB-T2 HD)

Im Rahmen von Freenet TV, welches Ende März 2017 an den Start ging, hat Freenet per Ende Dezember 2017 rund 975.000 Bezahlkunden akquiriert und übertraf sowohl die ursprünglich zum Jahresende geplante Zielgröße von 800.000 als auch den nachträglich angepassten Zielwert von 950.000 Abo-Kunden (hier). Aufgrund von drei kostenlosen Testmonaten und des Sendestarts ab Ende März zahlten die Kunden in 2017 im Durchschnitt lediglich für fünf Monate, sodass in Summe ein Umsatz von rund EUR 18 Mio. erwirtschaftet wurde. In 2018 sollen sich die durchschnittlichen zahlungspflichtigen Abo-Monate pro Nutzer auf zehn Monate erhöhen und die Abo-Kunden auf über 1,2 Mio. Abo-Kunden steigen, sodass sich der Umsatz mit Freenet TV auf EUR 35-50 Mio. mehr als verdoppeln soll (hier).

DVB-T2 HD Prognosen für 2017 und 2018, Quelle: Freenet Group Investor Relations

 

Darüber hinaus soll die Abdeckungsrate von DVB-T2 HD bis Ende 2018 insgesamt 79% der deutschen Bevölkerung umfassen, sodass auch hier die potenzielle Zielgruppe weiter erhöht wird. In Kombination mit dem Übertragungsweg per Satellit soll die Abdeckungsrate von Freenet TV sogar 100% der TV-Haushalte betragen (s. folgende Abbildung).

TV-Übertragungswege und Abdeckungsrate von Freenet; Quelle: Freenet Group Investor Relations

 

Waipu.tv (IPTV)

Beim IPTV-Produkt waipu.tv wurde die erwartete Anzahl der Abo-Kunden (über 100.000) mit rund 102.000 erreicht, sodass Freenet nun im Bereich IPTV nach eigenen Angaben Marktführer ist. Gleichzeitig hat waipu.tv aktuell mehr als 500.000 registrierte Kunden, die potenziell als Abo-Kunden gewonnen werden könnten (hier).

Ferner weitet Freenet das TV-Angebot mit neuen Sendern aus und will im ersten Quartal eine Waipu Media Library anbieten, wo Kunden ein TV-on-Demand-Angebot zur Verfügung stehen soll. Darüber hinaus sollen waipu.tv-Kunden mithilfe von KI-Lösungen zielgerichtete Programme empfohlen werden. Hinzu kommt, dass Freenet an der Erweiterung der Kompatibilität von waipu.tv neben Apple TV und Amazon Fire TV auch mit Google Home, Amazon Echo und Samsung TV-Cast arbeitet, um die Kundenreichweite bis Ende 2018 auszudehnen (hier).

Die Zahl der Abo-Kunden soll bis Ende 2018 auf über 250.000 erhöht und mehr als eine Million Kundenregistrierungen gewonnen werden (siehe folgende Abbildung).

Waipu.tv Prognosen für 2017 und 2018, Quelle: Freenet Group Investor Relations

 

Ferner soll demnächst ein Service namens freenet.video ausgerollt werden. Was genau sich dahinter verbirgt, wird in der Management Präsentation nicht geschildert. Gleichwohl gehe ich davon aus, dass es eine Art Video-on-Demand-Plattform werden wird, wo Freenet TV- und waipu.tv-Kunden kostenpflichtige TV-Inhalte streamen können (hier).

Wir sind aber noch nicht am Ende. Laut Management Präsentation befindet sich waipu.tv gemeinsam mit Amazon gerade in einer Testphase zum T-commerce. Durch gezielte Produktplatzierungen sollen die Kunden zum Kaufen von Werbeinhalten angeregt werden. Ich nehme an, dass analog zu Produktplatzierungen im Internet via Amazon-Partnerprogramm Freenet bei jedem Kauf durch einen TV-Kunden mitverdienen wird. Wer sich etwas mit Affiliate-Marketing und Produktplatzierungen auskennt, der weiß, dass es Menschen gibt, die ihren kompletten Lebensunterhalt darüber finanzieren (z. B. eine Vielzahl von Youtubern und Bloggern). In der folgenden Abbildung ist das T-Commerce-Prinzip grafisch dargestellt.

Testphase zwischen Freenet und Amazon bezüglich T-Commerce; Quelle: Freenet Group Investor Relations

 

4. Kurze Stellungnahme zu Goldman Sachs‘ Sell-Rating

Auch wenn ich Goldman Sachs als Unternehmen sehr schätze und der Analyst sicherlich top ausgebildet ist, würde ich gerne in diesem Abschnitt meine persönliche Meinung zur Analyse von Goldman Sachs abgeben (die Gründungsgeschichte von Goldman Sachs ist übrigens sehr interessant und ich kann es jedem nur ans Herz legen, diese zu lesen). Denn die Einschätzung von Goldman Sachs scheint unter den Anlegern große Beunruhigung und Unsicherheiten ausgelöst zu haben. Laut Medienberichten existieren seitens Goldman Sachs Analyst Joshua Mills vier Hauptgründe, auf welchen sein Sell-Rating basiert:

  1. Das Kerngeschäft der Weiterverkäufe von Verträgen im Namen größerer Mobilfunkkonzerne werde von der Digitalisierung untergraben (hier):
    Hierfür existieren aktuell keine Anhaltspunkte. Die (Vertrags-)Kundenzahl ist in den vergangenen Jahren – wie auch im letzten Jahr – kontinuierlich gestiegen. Hinzu kommt, dass Freenet selbst einen starken online- (diverse eigene und Partner-Plattformen im Internet) und offline-Auftritt (mobilcom-debitel, Saturn Media Markt, Gravis) besitzt.
  2. Die Management-Pläne, Punkt 1 mit Wachstum im Bezahlfernseh-Geschäft entgegenzuwirken, sei mit Vernichtung weiterer Barmittel verbunden (hier):
    Im Gegensatz dazu sehe ich im TV-Geschäft großes Potenzial, um den Gewinn sowie den Free Cashflow zu steigern. Das Potenzial und die Risiken im TV-Geschäft um die verschiedenen TV-Übetragungswege habe ich sowohl in dieser Analyse als auch in meiner ersten Analyse zu Freenet ausführlich dargestellt (hier geht es zu meiner umfangreichen Freenet-Analyse).
  3. Das frei empfangbare Fernsehen sei ohnehin auf dem Rückzug und Freenet sehe sich einer immer stärkeren Konkurrenz durch den Streaming-Anbieter Netflix ausgesetzt:
    Dies wirkt auf mich eher nach einem Pauschalargument gegen konventionelle TV-Programme. Zum einen bin ich der Meinung, dass Freenet TV bzw. waipu.tv komplementär zu Netflix anstatt substitutiv zu betrachten ist. Meines Wissens bietet Netflix kein TV-Angebot der deutschen öffentlich-rechtlichen Sender oder Privatsender an. Zum anderen gibt es in Deutschland aktuell 38 Mio. TV-Haushalte, die noch das klassische TV-Angebot beziehen (hier). Hinzu kommt, dass Freenet ein nachhaltig und rentabel wirtschaftendes Unternehmen mit einer im Vergleich zu Netflix Peanut-Bewertung ist. Wohingegen Netflix mit einem KGV von über 100, einem Junk-Bonds-Rating und kreditfinanzierten TV-Produktionen gepaart mit negativem Free Cashflow sein Wachstum finanziert (hier).
  4. Rechne man den 25-prozentigen Anteil von Freenet am Schweizer Telekomanbieter Sunrise heraus, so sei die Freenet-Aktie gegenwärtig so hoch bewertet wie noch nie zuvor in ihrer Geschichte (hier):
    Das mag sein. Allerdings macht Freenet auch so viel Umsatz und Gewinn, besitzt Vermögenswerte und generiert soviel Free Cashflow wie noch nie in seiner Geschichte. Hinzu kommt, dass wir uns gerade in einem Bullenmarkt befinden, wo die Bewertungen ohnehin nicht gerade am günstigsten sind. Gleichwohl ist Freenet im Vergleich zu seiner Peer-Group ein Schnäppchen (hier).

Erwähnenswert ist auch, dass Goldman Sachs Freenet seit Februar 2018 in seine Coverage aufgenommen hat und unter allen Research-Häusern das niedrigste Kursziel – einen Monat vor Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen – veröffentlicht hat. Während die Kursziele von Warburg Research EUR 35, der Deutschen Bank EUR 30 und der Commerzbank EUR 28 betragen, wurde das Kursziel von Goldman Sachs nach Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen auf EUR 21 gesenkt. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten beträgt EUR 28,87 und bietet somit ein Aufwärtspotenzial von knapp 11% zum Schlusskurs von Freitag, den 01.03.2018 (siehe folgende Abbildung).

Kursziele Freenet Aktie; Stand: 03.03.2018; Quelle: www.finanzen.net

 

Manchmal frage ich mich ehrlich gesagt auch, ob Analysten ihre Kursziele auf fundamentaler Ebene oder auf der Basis von Charttechniken veröffentlichen. Wieso ich das denke? Das lässt sich beispielsweise am folgenden Chart erkennen (siehe untere grüne Linie):

Freenet Chartanalyse Juni 2015-März 2018; Stand: 03.03.2018; Quelle: www.lynx-trader.com

 

5. Fazit 

Du fragst dich vielleicht, wie ich nun vorgehen werde. „Cool bleiben und Dividenden kassieren“, wie Christian W. Röhl vom Dividendenadel sagen würde. Kursschwankungen gehören nun mal an der Börse dazu. Die Kunst als Privatanleger liegt meines Erachtens darin, möglichst den Überblick über die Geschehnisse zu behalten, aber nur die wirklich relevanten für seine Entscheidungen zu filtern. Eigentlich war es mein Ziel, die Freenet Aktie lediglich zu halten. Ich habe bei +13% nicht verkauft, warum sollte ich meine Cash Cow bei -8% verkaufen, wenn sie kerngesund ist und mich weiterhin mit ihrer nachhaltigen und hohen Dividendenrendite glücklich macht?

Exemplarisch kann ich an dieser Stelle einen Immobilieninvestor anführen. Der Immobilieninvestor verkauft seine Mietwohnung nicht, nur weil die Immobilienpreise sinken. Vielmehr besitzt er die Wohnung aufgrund der Mieteinnahmen und lässt diese unabhängig von den Kursschwankungen einfach weiterlaufen. In regelmäßigen Abständen gibt es dann noch Mieterhöhungen, um die Mieteinnahmen zu steigern. Er hat die Immobilie wegen des Cashflows und lässt sich von den Preisschwankungen am Markt nicht beeinflussen, sofern es keine strukturellen oder erheblichen Veränderungen der Rahmenbedingungen gibt.

Ein anderes Beispiel ist die Apple-Aktie, welche innerhalb von wenigen Tagen von rund USD 179 bis auf USD 150 gefallen ist und die Kursverluste innerhalb von nicht einmal zwei Wochen mit einem neuen Allzeithoch bei USD 180,61 komplett wettgemacht hat.

Allerdings gibt es im Falle von Freenet nun eine entscheidende Wende: nachdem ich Rahmen dieses Beitrags erfahren habe, dass Freenet nun auch ins Satelliten-TV-Geschäft einsteigt, sich quasi als einer der Vorreiter eine Marktpräsenz aufbaut und die Marktanteile frühzeitig sichert, habe ich beschlossen, mir dieses Sonderangebot nicht entgehen zu lassen und nächste Woche nachzukaufen. Hinzu kommt, dass beim aktuellen Xetra-Schlusskurs von EUR 25,70 die Dividendenrendite bei stattlichen 6,4% liegt. Als Investor würde ich mich daher nicht ärgern, sondern eher freuen, dass diese Cash Cow gerade im Winterschlussverkauf ist und das sogar kurz vor der Dividendensaison. Zusätzlich hat sie sogar mithilfe des Sat-TV-Geschäfts mehr Wachstumspotenzial als noch vor ein paar Monaten.

Ich hoffe inständig, dass der Markt den Kurs am Montag noch weiter drückt. Ich nehme an, dass der Abschlag schnell wieder aufgeholt wird, sobald die Pläne zum Sat-TV-Geschäft und das damit in Verbindung stehende Potenzial sich herumsprechen.

Übrigens scheint die Aktie nach Ansicht des Managements bei unter EUR 27 günstig bewertet zu sein, da es in 2016 unter diesem Kurs Aktienkäufe von zwei Vorstandsmitgliedern und einem Aufsichtsratsmitglied gab. Ich würde mich also nicht wundern, wenn die Vorstandsmitglieder unter den verbesserten Rahmenbedingungen nochmals zuschlagen würden. Sogar das Timing würde gut passen, da die letzten Käufe im Zeitraum März bis Mai getätigt wurden (siehe folgende Abbildung).

Insiderkäufe bei Freenet; Stand: 03.03.2018; Quelle: Freenet Group Investor Relations

 

Ferner liegt die Marktkapitalisierung aktuell mit EUR 3,29 Mrd. sogar unter dem 2017er Umsatz von EUR 3,5 Mrd., was zuletzt zum Abschluss des Geschäftsjahres 2014 der Fall gewesen ist (hier). Auch dies lässt darauf schließen, dass Freenet momentan eine günstige Bewertung aufweist.

Ich hoffe, dass ich dir mit diesem Beitrag eine Unterstützung bieten und dir ein paar Anhaltspunkte mitgeben konnte, deine Investmententscheidungen zu bewerten. Viel Erfolg weiterhin!

Dynamische Grüße,

Güner Soysal, 04.03.2018
Founder & CEO, Investment Analyst (M.A.)

Investor update 05.03.2018: Nachkauf zum Kurs von EUR 25,48.

Investor update 09.03.2018: es erfordert meines Erachtens Mut und Überzeugung, sich mit seinen Ansichten auch gegen große Unternehmen und renommierte Banken zu stellen. Heute kam die Pressemitteilung, dass die US-amerikanische Fondsgesellschaft Polaris Capital Management, LLC Boston, MA ihren Aktienanteil von 2,96% auf 3,05% aufgestockt hat. Zum einen freut mich diese Meldung, da auch renommierte Fondsgesellschaften eine günstige Gelegenheit zum Nachkaufen sehen, was wiederum meine Analyse bestätigt. Zum anderen erfüllt es mich mit einer noch größeren Freude und mit Stolz, dass eine Fondsgesellschaft, die auf Value Investments spezialisiert ist, ihren Aktienanteil erhöht hat. Das bestätigt mir, dass sich all der Aufwand lohnt und ich auf dem richtigen Weg bin. Der Kurs reagierte ebenfalls positiv auf diese Meldung, auch wenn das Tageshoch bei EUR 26,55 nicht halten konnte, beendete die Aktie den Xetra-Handel mit einem Plus von 0,58% bei EUR 25,96 (Pressemitteilung).

Investor update 12.03.2018: es folgt der nächste Knüller: der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock, hat am 06.03.2018 seinen Aktienanteil von 3% auf 4,65% erhöht hat (hier und hier). Das entspricht einer Aufstockung von sage und schreibe 56%! Und das, obwohl Blackrock in einer Mitteilung bekanntgegeben hatte, dass sie infolge der Steuerreform US-Aktien als ihre favorisierten Investments betrachten (hier). Spätestens diese Meldung sollte der Freenet-Aktie weiteren Auftrieb verleihen und bestätigt meine positive Haltung. Vielen Dank für euer Vertrauen!   

Sämtliche Inhalte nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr für Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit und Genauigkeit. Die Kolumne dient nur der Information und stellt keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf der erwähnten Wertpapiere dar. Der Autor haftet nicht für materielle und/oder immaterielle Schäden, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Inhalte oder durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Inhalte verursacht wurden.

Offenlegung von Interessenskonflikten: Der Autor hält zum Zeitpunkt der Veröffentlichung direkt oder mittelbar Positionen in den erwähnten Wertpapieren: Freenet, Apple. Der Autor beabsichtigt, innerhalb von 36 Stunden nach Veröffentlichung direkt oder mittelbar Transaktionen in den erwähnten Wertpapieren zu tätigen.

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3 Gedanken zu „#7: Freenet – warum die Cash Cow jetzt noch praller wird

  1. Hallo Güner,
    tolle Analyse zu freenet. Ich sehe es auch so, dass insbesondere das Potential zum Fernsehgeschäft bei freenet völlig unterschätzt wird und entsprechend im Aktienkurs nicht eingepreist ist.
    Wahrscheinlich liegt es daran, dass für viele das „Zusatzgeschäft“ noch nicht greifbar ist oder die Stimmungsmache einiger Analysten Käufer abhält. Wobei ich an dieser Stelle auch immer wieder ein lustiges Phänomen feststelle: Erst wird die Aktien schlecht bewertet, damit fallen die Kurse und anschließend kauft dann das Analysehaus selbst die Aktien…
    Grüße und weiter so!
    Thomas von DIVDepot

    1. Hallo Thomas,
      vielen Dank für deinen Kommentar und das Kompliment! Freut mich, dass du auch an Freenet glaubst und mit an Bord bist!
      Ich denke auch, dass sich der Nebel langsam, aber sicher, lichten wird. Heute hat die LBBW Freenet ebenfalls zum Kauf empfohlen mit Kursziel 32€. Das wären rund 25% Kurspotenzial. Jetzt heißt es einfach Nerven bewahren und abwarten. Charlie Munger drückt es folgendermaßen aus: „Es ist ein Fehler, wenn man beim Investieren zu angespannt ist, Sitzfleisch gehört zum Spiel.“
      Beste Grüße,
      Güner

  2. Ich glaube leider gar nicht an Freenet und an ein Upside bei der Aktie.
    Der Mobilfunkbereich wird auf Sicht von fünf Jahren weiter verlieren und das Wachstum im TV Markt ist vollkommen ungewiss. Das Unternehmen selbst hat überhaupt keinen Plan wie viele Kunden bis 2022 ein Abo für Freenet TV haben sollen. Welche Zahlen hast du in der Deiner Unternehmensanalyse angenommen?

    Es gibt genügend Konkurrenten, v.a. solche die Kabel verlegen und die lassen sich nicht einfach die Kunden abjagen. Zudem wurde das Wachstum in diesem Bereich extrem teuer erkauft.

    Waipu ist zudem aktuell überhaupt nicht profitabel und benötigt weitere Marketingmaßnahmen, die ganz erheblich sind.

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